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Zentrum für Demokratie Aarau_Machen Abstimmungsplakate wütend? Emotionen bei politischer Werbung_Foto_Manuela Matt

Machen Abstimmungsplakate wütend? Emotionen bei politischer Werbung

Werbung vor Abstimmungen kann verschiedene Gefühle hervorrufen: Ärger, Hoffnung oder Besorgnis. Allerdings zeigen sich solche Emotionen bei Kampagnen vor eidgenössischen Kampagnen selten. Die Gründe dafür zeigt eine neue Analyse aus dem Zentrum für Demokratie Aarau in Zusammenarbeit mit Année Politique Suisse.

Die Bilder sind bekannt: Verschmierte und verkritzelte Abstimmungsplakate, heruntergerissene und zerstörte politische Werbung am Strassenrand – da ist wohl jemand richtig wütend. Politische Werbung mit Pro- und Kontra-Slogans, so die landläufige Meinung, kann heftige Gefühle auslösen. Doch zeigt eine neue Analyse, dass diese Ansicht täuscht.

Überraschend wenig Emotionen im Spiel

Im Rahmen des Forschungsprojekts «Direkte Demokratie im 21. Jahrhundert (DDS21)» (siehe Kasten) haben die Autor:innen untersucht, welche Rolle Emotionen in Abstimmungskampagnen spielen und wie politische Werbung aussehen muss, um Emotionen zu wecken. Die Untersuchung analysierte die Wirkung von fiktiven Abstimmungsinseraten zur BVG-Reform und zur Biodiversitätsinitiative. Das Ergebnis zeigt, dass politische Werbung überraschend geringe emotionale Reaktionen auslöst.

Parteilogo löst unterschiedliche Emotionen aus

Trotz der allgegenwärtigen visuellen Reizüberflutung in der heutigen Medienlandschaft zeigen die Resultate, dass politische Inserate durchschnittlich kaum Emotionen wie Ärger, Hoffnung oder Besorgnis auslösen. Am ehesten ausschlaggebend für emotionale Reaktionen sind das Parteilogo und die Stimmempfehlung, während Farbe und Bildgestaltung eine untergeordnete Rolle spielen.

«Unsere Ergebnisse legen nahe, dass weniger das Bild an sich, sondern eher die politische Botschaft und der Absender entscheidend für die emotionale Wirkung sind», erklärt Studienautor Marc Bühlmann, Direktor von Année Politique Suisse. So empfinden etwa SP-Sympathisant:innen überdurchschnittlich viel Wut beim Anblick eines SVP-Logos, aber viel Hoffnung bei der Betrachtung der gleichen Werbung aber mit dem Logo der eigenen Partei – das Gegenteil gilt für SVP-Anhänger:innen.

Die Studie basiert auf einem Experiment mit fiktiven Inseraten, das im Vorfeld der Abstimmungen vom 22. September 2024 durchgeführt wurde. Die Forschenden betonen, dass reale Kampagnen begleitet von öffentlichen Debatten und Medienberichterstattung möglicherweise stärkere Emotionen auslösen – ein Aspekt, der in weiteren Studien vertieft werden soll.

Das Projekt «Direkte Demokratie Schweiz im 21. Jahrhundert (DDS21)»

Seit 2023 setzt sich das vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierte Forschungsprojekt Direkte Demokratie Schweiz im 21. Jahrhundert (DDS21) zum Ziel, die Gründe der Beteiligung und der Stimmentscheide der Schweizer Bürgerinnen und Bürger nach jeder eidgenössischen Volksabstimmung zu untersuchen. Unter der Leitung des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA), das der Universität Zürich angegliedert ist, vereint DDS21 Mitglieder der acht universitären politikwissenschaftlichen Institute der Schweiz sowie des Liechtenstein-Instituts.

Weiterführende Ressourcen

Blogbeitrag auf der Plattform DeFacto: Welche Emotionen durch politische Werbung geweckt werden – DeFacto
Projektwebseite: https://www.dds21.uzh.ch/de.html

Rückfragen

Prof. Dr. Marc Bühlmann, Direktor Année Politique Suisse
marc.buehlmann@unibe.ch, 079 354 88 79

Über das ZDA

Das Zentrum für Demokratie Aarau ist ein wissenschaftliches Forschungszentrum, das von der Universität Zürich, der Fachhochschule Nordwestschweiz, vom Kanton Aargau und von der Stadt Aarau getragen wird. Es betreibt Grundlagenforschung und befasst sich mit aktuellen Fragen zur Demokratie – regional, in der Schweiz und weltweit. www.zdaarau.ch

Über Année Politique Suisse

Année Politique Suisse (APS) bietet seit 1965 eine präzise, sachliche und konzentrierte Chronik der Entwicklungen in der Schweizer Politik und Gesellschaft. Wir folgen einem politischen Geschäft von seiner Lancierung bis hin zu einem allfälligen Volksentscheid und dessen Umsetzung, wir berichten über wichtige gesellschaftliche Kontroversen, synthetisieren praxisrelevante Studien und Berichte, verfolgen wegweisende Gerichtsurteile, Entwicklungen in der Parteilandschaft und vieles mehr. Ein zentrales Anliegen ist uns dabei die Einbettung aktueller Ereignisse in den zeithistorischen Kontext, denn aktuelle Ereignisse sind häufig lediglich Schlaglichter langwieriger, sich oft auch wiederholender Prozesse, die sich mit APS nachzeichnen und in einen grösseren Kontext einordnen lassen.

Darüber hinaus stellt APS zahlreiche Daten zur Schweizer Politik (z.B. swissvotes.ch) zur Verfügung und beteiligt sich an verschiedenen politikwissenschaftlichen Forschungsprojekten mit Fokus auf die Schweiz. https://anneepolitique.swiss

Foto: Manuela Matt